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HF-Bauteile aus China

Ein Besuch in Shenzhen

Reisebericht von Burkhard Kainka

 

Wer baut noch Radios? Die Chinesen. Und HF-Spulen, Ferritstäbe, Drehkos? Auch die Chinesen. Manche der HF-Bauteile im Online-Shop von Modul-Bus stammen deshalb aus China. Modul-Bus hat einen guten Draht zu einer Handelsfirma dort. Manchmal können wir besondere Bauteile bekommen, weil wir konkret danach suchen lassen. 


Lebendiges Treiben auf der Straße

Ein Besuch in Shenzhen, Südchina im November 2009, einige Aufträge im Gepäck. Schau doch mal, ob dies und das günstig erhältlich ist. Der erste Eindruck von der Stadt: riesig, hochmodern, schnell und laut. Wenn man mit dem Taxi fährt, hat man zuerst Stress mit dem völlig anderen Fahrstil. Der Taxifahrer fährt meist wie ein Henker. Hupen, Spurwechsel ohne Blinken, Drängeln usw. Wenn jemand noch schlimmer fährt wird entrüstet geschimpft. Oft ist Verkehrsstau, auch wegen der vielen Fußgänger. Man hält sich nicht an die Ampeln, sondern geht los, wenn es passt.

Der ganz normale Stau

Allmählich entdecke ich die Ordnung im Chaos. Wenn sich jeder einfach nur an Regeln halten würde, käme es zum totalen Verkehrskollaps. Man schaut z.B. haben die Autos gerade Stau, dann kann ich bei Rot über die Ampel gehen, und es wird dadurch auch nicht mehr schlimmer. Wenn ich es nicht tue wird der Stau bei den Fußgängern größer. Am Rand stehen oft Polizisten und überwachen alles, halten sich aber raus. Es steckt System im Chaos, und man sieht kaum Unfälle.

Diagonale Zebrastreifen

In der Innenstadt gibt es Kreuzungen mit diagonalen Zebrastreifen und zugehörigen Ampeln, genial. Der Verkehr steht für vieles in China. Der erste Eindruck ist immer: das kann nie funktionieren, der zweite, das funktioniert ja hier noch besser als in Europa. Beispiel U-Bahn: Man muss eine elektronische (RFID-) Karte kaufen, ähnlich wie in Amsterdam. Man hält sie nur an den Automaten, kann auch im Portemonnaie bleiben. Das System merkt sich den Start und rechnet später beim Ziel den Fahrpreis aus. Wird automatisch von der Karte abgebucht. Später muss man mal neu aufladen. In den Bahnhöfen gibt es Glastüren am Bahnsteig, die sich öffnen wenn der Zug da ist. Keiner kann auf die Schienen fallen. Dagegen ist Deutschland ein Entwicklungsland. Die U-Bahn ist noch im Bau und geht noch nicht bis zum Hotel. Die U-Bahn-Baustelle ist nahe beim Hotel, nächstes Jahr ist alles fertig. Es gibt noch viele Baustellen in der Stadt. Eigentlich war das hier alles hügeliges Gelände. Aber wo ein Berg stört wird er weggebaggert. Das Material wird dann im flachen Meer aufgeschüttet, so entsteht neues Land. An einer Stelle sehe ich einen Hochspannungsmast, der stand mal auf einem Hügel. Rundherum ist jetzt alles flach, nur für den Mast hat man etwas stehen gelassen, vorläufig, vermute ich. Baustellen und Baufahrzeuge überall. Es staubt und ist laut. Und auf jeder Baustelle auffallend viele Arbeiter. Der Eindruck verdichtet sich, wenn die Chinesen etwas erreichen wollen, dann wird nicht lange gefackelt, dann tun sie es. 

Ein erster Besuch in der Stadt bei den Elektronik-Märkten in großen Hochhäusern. Ich schätze 10 Hochhäuser, je sechs Stockwerke, jede Etage hat ca. 100 Händler. Frau Peng, meine Übersetzerin und selbst im Elektronik-Geschäft ist immer dabei. Ohne sie wäre ich aufgeschmissen. Was kostet das, wie viele Stück denn, brauche 10 Stück, 100 RMB (ca. 10 EUR), ach so nein danke. Einige Sachen kaufe ich spontan. Aber vieles was man sucht gibt es nicht, man muss sehen was da ist, oft Sachen die man vorher gar nicht kannte. Fernsteuer-Servos kennt man hier z.B. nicht, zu teuer. In China baut man RC-Modelle mit eigenen Motoren, Zahnrädern usw. Es gibt nicht von allem beliebig fertige Ware, sondern auf den Märkten sind Vertreter der Herstellerfirmen, die nehmen Aufträge entgegen. 1000 Spulen mit 140 Windungen für Ferritstab 10 mm, kann gebaut werden. Motoren, 6 V, 1 W, Achse soundso, wird speziell nach Wunsch gefertigt. Sogar Kabel. 0,6 mm 1-m-Abschnitte, gelbe Isolierung, wird speziell für Sie gemacht. Nur die normalen elektronischen Bauteile sind in Massen da. Ein bestimmter Transistor? Oder 500-pF-Kapazitätsdioden, extrem selten in Europa, hier gibt es sie – wenn man den passenden Stand unter vielen tausenden findet.

 

Im Elektronik-Markt

Die Elektronik-Märkte sehen aus wie große Elektronik-Flohmärkte. Man muss unterscheiden, handelt es sich um einen Händler oder um einen Vertreter einer Herstellerfirma. Auf den ersten Blick fällt die Unterscheidung schwer, oft erfüllt ein Stand wohl auch beide Funktionen. Wenn z. B. eine Platine in Shenzhen produziert werden soll, ist es der normale Weg, in den Märkten die erforderlichen aktiven und passiven Bauteile einzukaufen. Wenn man alles zusammen hat ruft man einen Kurierdienst (z.B. Local Fedex) und lässt alles zur Produktionsfirma schicken. Die Kurierdienste sehen auf den ersten Blick ebenfalls nach Chaos aus, aber sie sind absolut zuverlässig, alles kommt unbeschädigt an.


Der Paketdienst wartet auf den LKW

Das eine sind Händler für normale Bauteile, das andere sind die Vertreter von Herstellerfirmen. Da liegen z.B. hoch interessante Miniatur-Getriebemotoren in einer Vitrine. Gut, zwei Muster kann ich kaufen, aber die eigentliche Frage ist, welcher Preis gilt bei welcher Stückzahl. Die Motoren liegen nicht irgendwo auf Lager und es gibt auch keine Produktliste der Firma. Man muss wissen was man braucht, möglichst genaue Daten. Dann kann nachgefragt werden, was das kostet.

Kann also jeder problemlos einkaufen? Frau Peng sagt nein. Man muss sich auskennen, auf guten Preis und gute Qualität achten. Sie erzählt von den Härten ihres Jobs. Da bekommt man Muster, die sind ok und dann für die Massenfertigung andere Teile mit Problemen. Bei SMD-LEDs  für ein bestimmtes Projekt gab es einen Riesenärger, sie musste sich mit dem Händler anlegen, dann ganz schnell einen neuen Lieferanten suchen, alles bei laufender SMD-Bestückung, und das Containerschiff wartete schon im Hafen. Wenn ein Ausländer es allein versucht, wird er manchmal reingelegt, er weiß ja nicht wo der Lieferant wohnt. Ohne einheimische Hilfe geht gar nichts. Kann man nicht über das Internet Lieferanten herausfinden? Nein sagt Frau Peng, alles Wichtige läuft über Telefon und persönliche Kontakte. Oft nicht ganz problemlos, sie als Frau muss doppelt hart auftreten, damit alles gut geht. Aber sie geht auf kein Angebot ein, das unrealistisch billig ist. Die Kunst ist, genau das richtige Maß zu finden, passabler Preis und gute Qualität. Manchmal ist es schwierig zu sagen, ob dieser Lieferant vermutlich auch nächstes Jahr noch da sein wird, wenn dann vielleicht nachbestellt werden soll. Und in China ist der persönliche Kontakt und der freundschaftliche Umgang ganz besonders wichtig. Kontakte pflegen heißt zusammen Essen gehen, über die Familie reden, ausgiebig Smalltalk bevor es ums Geschäft geht.

Ein konkretes Beispiel: Für den automatischen Preselektor zum Elektor-SDR sollten selbsttragende Spulen für den Ferritstab gekauft werden. Alles war schon von zuhause aus bestellt. Ich hatte nur den Durchmesser 10 mm und die Anzahl der Windungen gemeldet. Aber dann kamen Rückfragen: welche HF-Litze genau, soll die LW-Spule einlagig, zwei- oder dreilagig gewickelt werden? Ist eigentlich egal, kommt nicht so genau drauf an, ich brauche keine besonders geringe Dämpfung. Falsche Antwort: Ohne genaue Angaben kann überhaupt nichts produziert werden. Das alles lief über eine Dame an einem Stand für Spulen aller Art, die mit der Herstellerfirma in Kontakt stand. Dann die schlechte Nachricht: Nur 1000 Spulen, der Auftrag ist völlig uninteressant, im Moment ist Boom-Zeit. Aber dann wurde eine andere Firma gefunden, die es machen wollte. Nur teurer als geplant. Was kann maximal ausgegeben werden? Ich lege einen Preis fest, und es geht. Die fertigen Spulen haben wir dann persönlich abgeholt und bar bezahlt, eine große Plastiktüte voll. Dann alles verpackt, dem Paketdienst übergeben und gehofft, dass die Spulen rechtzeitig ankommen. Es hat geklappt. Aber das Beispiel zeigt anschaulich, dass man ohne professionelle Hilfe nicht zum Ergebnis kommt. Und es zeigt, dass man sehr genau sagen muss was man haben will, und dass kleine Stückzahlen ein Problem sind. Für die Firma von Frau Peng war es eigentlich auch ein Flop, viel zu viel Aufwand und Gerenne für viel zu wenig Umsatz. Aber es geht immer irgendwie doch. Und ich habe was gelernt, beim nächsten Auftrag läuft alles besser.

 

Spulen aller Art …

Manche Artikel liegen fertig zum Verkauf an Endkunden bereit, aber für den chinesischen Markt. Da gibt es interessante Lötkolben, 220 V mit Temperaturregelung und angenehm preiswert. Der Griff ist transparent, sodass man die Regelelektronik sehen kann. Aber leider: Stecker für chinesische Steckdosen, 220 V statt 230/240 V, kein passendes Prüfzeichen. Also müsste man mit der Herstellerfirma Kontakt aufnehmen. Sie würden dann ein paar Kleinigkeiten ändern, damit es für Europa passt, die passenden Prüfzeichen drauf, auch einen Firmennamen und Typenbezeichnung nach Wahl (wie wäre es mit „MBL-400“) . Alles kein Problem, aber es würde sich nur bei sehr großen Stückzahlen lohnen. Letzten Endes gibt es in Europa Importfirmen, die genau das machen und wegen großer Stückzahlen preiswert anbieten können. Selbst importieren macht also keinen Sinn, zumal der Importeur besondere Pflichten hat.


Röhren forever

Übrigens, Röhrenverstärker sind auch in China seit wenigen Jahren ein richtiger Boom. Die Kunden sind HiFi-verliebte erfolgreiche Chinesen. Alles ist ähnlich teuer wie bei uns. Und etwas Nostalgie ist dabei. Ein altes deutsches Grundig-Röhrenradio mit Stereo kostet schlappe 8000 RMB (800 EUR).


HiFi-Verstärker und Lautsprecher